Deutschland, einst bekannt für seine starke Wirtschaft und Innovationskraft, sieht sich heute mit einem besorgniserregenden Trend konfrontiert: Das Interesse an der Gründung neuer Unternehmen hat einen historischen Tiefpunkt erreicht. Aktuelle Umfragen und Studien belegen nicht nur einen deutlichen Rückgang der Gespräche mit potenziellen Gründern, sondern auch die schlechteste Bewertung Deutschlands als Standort für Unternehmensgründungen seit Beginn der Erhebungen.
Sinkendes Interesse bleibt ein besorgniserregender Trend
Nach dem deutlichen Rücksetzer im Vorjahr (- 9 %) ist die Zahl der Existenzgründungen in Deutschland 2023 wieder angestiegen, allerdings nur leicht um 3 %: 568,000 Menschen gingen im vergangenen Jahr den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit, wie der aktuelle KfW-Gründungsmonitor von KfW Research zeigt.
Allerdings berichtet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in seiner jüngsten Umfrage, dass die Zahl der Beratungsgespräche mit potenziellen Gründern weiter gesunken ist. Im Jahr 2024 wurden in den IHKs nur noch rund 95.000 Gründungsberatungen durchgeführt, was einen Rückgang von 5 % im Vergleich zu 2023 bedeutet.
Gründe für den Rückgang des Gründungsinteresses
Mehrere Faktoren tragen zu diesem Rückgang bei, der sowohl ökonomische als auch gesellschaftliche Ursachen hat:
- Wirtschaftliche Unsicherheit: Die anhaltende Inflation, hohe Energiepreise und die wirtschaftlichen Nachwirkungen der COVID-19-Pandemie belasten das wirtschaftliche Umfeld in Deutschland weiterhin stark. Viele potenzielle Gründer zögern aufgrund der unsicheren Wirtschaftslage, das Risiko einer Unternehmensgründung einzugehen.
- Regulatorische Hürden: Deutschland ist bekannt für seine komplexen und oft als übermäßig bürokratisch empfundenen Regulierungen. Diese Hürden erschweren es Unternehmern, ein Unternehmen zu gründen, und schrecken viele potenzielle Gründer ab. Die langwierigen Genehmigungsverfahren und die hohen Anforderungen an Dokumentationen machen den Gründungsprozess oft zu einer mühsamen Aufgabe.
- Mangelnde Finanzierung: Der Zugang zu Startkapital bleibt für viele Gründer eine große Herausforderung. Zwar gibt es in Deutschland zahlreiche Förderprogramme, aber viele Gründer finden es schwierig, die notwendigen Mittel zu beschaffen, insbesondere in der Frühphase ihrer Unternehmungen. Die anhaltend restriktive Kreditvergabe der Banken verschärft dieses Problem zusätzlich.
- Fehlende Innovationskultur: Im internationalen Vergleich gilt Deutschland als konservativ und risikoscheu. Diese kulturelle Haltung spiegelt sich auch in der Gründungsbereitschaft wider. Während Länder wie die USA und China eine dynamische Start-up-Kultur aufweisen, bleibt Deutschland hinter diesen Entwicklungen zurück.
Schlechte Bewertungen des Standorts Deutschland
Ein weiteres alarmierendes Ergebnis der Umfragen ist die negative Bewertung Deutschlands als Standort für Unternehmensgründungen. Der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) 2024 zeigt, dass deutsche Unternehmer ihrem Standort die schlechteste Note seit Beginn der Erhebungen gegeben haben. Besonders kritisch wurden die hohe Steuerbelastung, die komplizierte Bürokratie und der Mangel an staatlicher Unterstützung bewertet.
Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft
Die sinkende Gründungsbereitschaft hat weitreichende Folgen für die deutsche Wirtschaft. Start-ups gelten als wichtige Triebkräfte für Innovation und Wachstum. Wenn weniger Unternehmen gegründet werden, bedeutet das auch weniger Innovation und weniger Wettbewerb, was langfristig die wirtschaftliche Dynamik des Landes schwächen könnte.
Ferner könnten die rückläufigen Gründungszahlen auch negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Start-ups schaffen in der Regel viele neue Arbeitsplätze, insbesondere in innovativen Branchen wie der Technologie. Ein Rückgang der Unternehmensgründungen könnte daher zu einem Rückgang der Beschäftigung in diesen zukunftsträchtigen Sektoren führen.